Die wissenschaftliche Untersuchung zur Person Edith Ruß muss Konsequenzen haben
Die BSW-Fraktion hat für die nächsten Sitzungen des Kulturausschusses, des Verwaltungsausschusses und des Rates den Antrag gestellt, den Tagesordnungspunkt
zukünftige Namensgebung des Edith-Ruß-Hauses
zu behandeln.
Dazu stellt die BSW-Fraktion den Antrag:
- Das Edith-Ruß-Haus führt in Zukunft den Namen „Medienkulturhaus /Edith Ruß-Haus“.
- Auf einer Informationstafel im Inneren des Hauses wird an die Verdienste von Edith Ruß erinnert, insbesondere der Dank der Stadt gegenüber der Stifterin für die Stiftung angesprochen, zugleich aber auch offen die problematischen Seiten ihrer Biographie mit ihren Verwicklungen in die Nazi-Ideologie und Kriegsverherrlichungen angesprochen.
Begründung:
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung zur Person Edith Ruß von Dr. Mareike Witkowsi und Dr. Joachim Tautz vom 25.092024 haben einen eindeutigen Befund:
Edih Ruß war NSDAP-Mitglied und in ihrer journalistischen Tätigkeit von völkischem und nationalistischem Gedankengut der Nazis geprägt, sie hat Adolf Hitler verehrt und positiv über „unseren Dr. Goebbels“ geschrieben. Sie hat die Eroberungskriege Nazi-Deutschlands gefeiert und noch Ende Dezember 1944 Durchhalteparolen ausgegeben, als sich die Niederlage Deutschlands im 2. Weltkrieg bereits abgezeichnet hatte.
Andererseits hat sie sich nicht antisemitisch oder offen rassistisch geäußert. Nach dem Urteil der Gutachter war sie keine fanatische Nationalsozialistin.
Schwer wiegt, dass sie nach 1945 ihre frühere NSDAP-Mitgliedschaft verleugnet hat, so ausdrücklich auf dem Fragebogen zu ihrer Einstellung 1950, wo sie bei der Frage nach der NSDAP-Mitgliedschaft „Nein“ angekreuzt hatte.
Es ist nicht bekannt, ob und wie sie nach 1945 ihre frühere Tätigkeit bewertet hat. Immerhin hat sie nach Beendigung ihrer Ausbildung als Lehrerin von 1970 bis 1972 eine Zusatzausbildung als Sonderpädagogin gemacht und dann bis 1978 an der Sonderschule für Geistigbehinderte am Pferdemarkt gearbeitet. Die Hinwendung zu diesen Menschen muss man auch würdigen, weil geistig Behinderung in der Nazizeit als „lebensunwertes Leben“ angesehen und Betroffene auch umgebracht worden sind.
Die Person Edith Ruß verdient deshalb ein differenzierte Beurteilung, was sowohl bei der Namensgebung des von ihr gestifteten Hauses als auch auf einer Informationstafel in diesem Haus zum Ausdruck kommen sollte.
Mit dem neuen Namensvorschlag wird an die national und international bekannt gewordene kulturelle Bedeutung des Hauses als Medienkunst-Haus angeknüpft. Diese Bedeutung hat das Haus in der Zwischenzeit völlig unabhängig vom Namen des Hauses nach und nach erworben, was dann auch bei der zukünftigen Namensgebung Berücksichtigung finden sollte.
Als Kurzbezeichnung kann auch vom „MKH“ gesprochen oder geschrieben werden.
Kurzbezeichnungen sind heute weit verbreitet und lassen sich gut kommunizieren (z.B. „das MKH liegt direkt neben dem PFL“).
Die Rechtslage zur Namensgebung ist eindeutig. Die Stifterin hat die Verwendung ihres Namens als Auflage in ihrem Testament juristisch fixiert. Diese Auflage kann nicht einfach übergangen werden. Der Name der Stifterin muss deshalb in irgend einer Form im offiziellen Namen des Hauses in Erscheinung treten.
Die Missachtung einer Testamentsauflage kann zur Folge haben, dass die durch das Testament übergangenen gesetzlichen Erben als Vollzugsberechtigte der Auflage ihre Ansprüche auf Erfüllung der Auflage nach § 2194 BGB gegen die Stadt geltend machen könnten. Wenn dann die Stadt verurteilt würde, den Namen „Edith Ruß“ beizubehalten, wäre dies vollstreckbar und könnte nach § 888 ZPO mit Zwangsgeldern gegen die Stadt durchgesetzt werden. Der neue Namensvorschlag würde diesem rechtlichen Problem besser gerecht werden als die Streichung des Namens von Edith Ruß.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Henning Adler Dr. Holger Onken
Ratsherr Ratsherr und Fraktionsvorsitzender